2016 Frauen in Bewegung

Zukunftswerkstatt „Frauen in Bewegung +20“ Was wurde seit der Konferenz in Peking erreicht?
Wie stellen wir uns die Zukunft vor?
Bonn, 17. bis 19. Juni 2016
Hier finden Sie den Flyer zur Veranstaltung

Bewegung_Eröffnung

Eröffnung
Die Veranstaltung wurde vom Constanza Paetau, Vorsitzende des Internationalen Frauenzentrums Bonn, eröffnet. Es folgten die Begrüßung der Gäste Gabriele Klingmüller, Bürgermeisterin der Stadt Bonn und Heidemarie Wieczorek-Zeul, Schirmfrau des ifz und ehemalige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Die Bürgermeisterin der Stadt, Frau Gabriele Klingmüller stellte die Bedeutung der Bundes- und UN-Stadt Bonn in der internationalen Diskussion zum Thema Entwicklungszusammenarbeit heraus.   Frau Wieczoreck-Zeul stellt in ihrer Rede heraus, dass es absolut keine Argumente gäbe, um Frauenrechte und somit auch Menschenrechte in Frage zu stellen. Sie beklagte die noch immer vorherrschenden patriarchalischen Gesellschaftsordnungen, die für die Ungleichheit zwischen Mann und Frau weltweit mit verantwortlich seien. Aber auch die ökonomische Austerität sei als Grund dafür zu nennen, dass Solidarität zwischen den Geschlechtern ausgehöhlt wird. Sie machte auch den Zuwachs an Gewalt und Gesetzlosigkeit in internationalen Beziehungen dafür verantwortlich, dass eine Negierung der Frauenrechte stattfände.
Die Zunahme der Zustimmung zu rechten Parteien sei ein Roll-Back der errungenen Fortschritte in der Gleichstellung von Mann und Frau. Frau Wieckzoreck-Zeul machte auf die statistischen Daten aufmerksam, dass Frauen im Jahr 2012 ca. 75% höherer Sterblichkeitsrate haben als Männer, verursacht durch Abtreibung weiblicher Föten, Müttersterblichkeit aufgrund unzureichender Betreuung, unzureichend ausgebauter Gesundheitssysteme, und gefährlicher Arbeitsbedingungen z.B. in der Textilbranche, wo beispielsweise in Myanmar 95% Frauen tätig sind.
Frau Wieczoreck-Zeul wies auf die jüngst beschlossenen Nachhaltigkeitsentwicklungsziele hin, in denen Bezug auf die Verbesserung der Frauenrechtslage genommen wird. Sie beklagte, dass in Deutschland lediglich 0,25 Prozent statt der international vereinbarten 0,7 Prozent des BIP für Entwicklungszusammenarbeit aufgewendet wird. Und diese Zahl beinhaltet bereits die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise verausgabt werden.   Ein Radio-Beitrag von Bonn.fm Radio des Campusradio der Universität Bonn und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg wurde eingespielt in dem in einer fiktiven Rundfunk-Nachrichtensendung aus dem Jahr 2030 ein männlicher und eine weibliche Radiomoderator*in Nachrichtenbeiträge vorbringen, aus denen deutlich wird, dass in Europa die Gleichstellung von Mann und Frau auf allen Ebenen der Gesellschaft, ob in der Wirtschaft oder Politik erreicht und die Frauenquote damit nicht mehr notwendig sei.
Podiumsdiskussion: Wie werden Frauen in Politik und Gesellschaft zum Mainstream?
Frau Viktoria Appelbe, Leiterin des Amtes für Wirtschaftsförderung, Liegenschaften und Tourismus der Stadt Bonn wies darauf hin, dass es in der Diskussion um die Wirtschaftsförderung wichtig sei klar zu stellen, dass es bei der Förderung von Frauen nicht um Charity ginge, sondern um das Erkennen und Fördern von Ressourcen.
Anna Jäger von der Europäischen Akademie für Frauen (EAF Berlin) sagte, ihre relativ junge Generation sei in der Fehlannahme, dass Gleichstellung der Frauen bereits umgesetzt sei. Tatsächlich sei der Frauenanteil in der Politik bereits hoch, jedoch an der Basisdemokratie auf der kommunalen Ebene, in Wirtschaft und Verwaltung werdennur wenige Führungspositionen von Frauen wahrgenommen. Von den Wählern werden an Bürgermeisterinnen auch andere Erwartungen gestellt, als an ihre männliche Kollegen. Dazu gehörte, dass die private Lebensführung ein einwandfreies Verhalten aufzuweisen habe. Auch seien Bürgermeisterinnen einem höheren Leistungsdruck ausgesetzt.
Es wurde für das Publikum ein kurzer Clip der MoreWomen Campagne des Magazins „Elle“ auf Fernsehbildschirmen eigespielt in dem Gruppenfotos von (hochrangigen) Events in Politik und Gesellschaft (z.B. im Britischen Unterhaus oder bei einer UN-Versammlung) zuerst in ihrer Ursprungsform gezeigt wurden und dann so, wie sie aussehen würden, wenn alle Männer wegretuschiert werden würden. Dadurch wurden sehr gut sichtbar, wie wenige Frauen auf diesen Fotos übrig bleiben.
Katja Dörner, Bundestagsabgeordnete der Bündnis 90/Die Grünen erklärte, sie hätte zweifellos von der Vorgabe bei den Grünen profitiert, dass mindestens die Hälfte aller Ämter weiblich besetzt sein sollen. Es sei eine kritische Masse an Frauen notwendig, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf voranbringen zu können. Sie berichtete, dass ihr eigener Einstieg in die Politik einer Notsituation geschuldet war als sie zur Beisitzerin im Vorstand des Kreisverbandes Bonn wurde, um die Quote zu erfüllen. Nun aber 17 Jahre später ist sie stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen.
Die Diskussionsteilnehmerinnen machten klar, dass Handlungsansätze notwendig seien, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Dazu gehörten:
–        Flexible Zeitmodelle (u.a. gegen präsenzorientiere Sitzungskultur bei Parteisitzungen)
–        Unterstützung von Frauennetzwerken
–        Direkte persönliche Förderung und begleitende Unterstützung
–        Mentoring, Coaching, Training, Austausch-Formate,

z.B. im Helene Weber Kolleg oder der Helene Weber Preis, der sich an an Neueinsteigerinnen in der Kommunalpolitik wendet (Frauen-macht-politik.de) oder der Hildegardis-Preis in Frauenbildung
Prof. Dr. Doris-Mathilde Lucke, vom Institut für Politikwissenschaft und Soziologie der Universität Bonn

Bewegung Podiumsdiskussion

brachte die These der „exkludierenden Inklusion“ auf und unterstrich dabei ihre Position gegen eine Frauenquote. Vielmehr sei die Bedeutung des persönlichen Vorbilds heraus zu heben wie das der Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard. Sehgewohnheiten seien nicht zu unterschätzen.
Frau Appelbe erklärte, sie sei früher ebenfalls keine Befürworterin der Frauenquote gewesen, hätte jedoch festgestellt, dass es ohne dieses Instrument in der Gleichstellung viel zu langsam in der Entwicklung zur Gleichstellung von Mann und Frau ginge.
Katja Dörner stellte fest, dass Quote und Vorbildfunktion sich nicht ausschließen würden, sie riet den Frauen die Strukturen selbstbewusst zu nutzen und auch junge Frauen mitzunehmen und ihren Blick für strukturelle Bedingtheiten zu schärfen. Jüngere Frauen sagten häufig, dass eine Frauenquote nicht notwendig sei, doch erfahrenere Frauen in Politik und Gesellschaft, stellten fest, dass diese natürlich notwendig sei.
Während der Diskussion hob die aus Großbritannien stammende Viktoria Appelbe hervor, dass sie erst in Deutschland die geschlechterbezogene Auslegung des Worts „Gleichstellung“ kennen gelernt habe. Im Englischen hätte das Wort „equality“ die Bedeutung, dass niemand diskriminiert werden dürfe und beklagte die sehr akademisierte Diskussion zu dem Thema und die PR-Kampagnen bei denen all das betont werden würde, was in der Gesellschaft als „anders“ wahrgenommen würde. Sie betonte, dass die unterschiedlichen Akteure, wie z.B. Frauen, Behinderte, Menschen mit Migrationshintergrund und unterschiedlicher Hautfarbe nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften.   Frau Dr. Claudia Lücking-Michel, Bonner Bundestagsabgeordnete der CDU warnte davor, lediglich in der Diskussion um die Gleichstellung von Mann und Frau sich lediglich auf die Zahlen zu fokussieren, denn so würden bestimmte Phänomene verpasst werden. Beispielsweise sei der früher von Männern dominierte Medizinbereich „feminisiert“ worden, in diesem Bereich sei es jedoch nicht mehr möglich so viel Geld zu verdienen wie in anderen Bereichen. Die Macht sei aus Politik und Wissenschaft in die Wirtschaft abgewandert, wo es so gut wie keine Frauen in den obersten Führungspositionen gäbe und wo Frauen männlichen Spielregeln ausgesetzt sind. Sie fordert Frauen auf ihre Macht dazu einzusetzen gut zu gestalten. Sie äußerte, dass bei den Befürwortern der rechtspopulistischen Partei „Alternative für Deutschland – AfD“, die häufig „aus dem Bauch heraus“ für die Partei stimmen würden, viele dem Trugschluss verfallen seien, dass Frauen in Führungspositionen der Partei für Feminismus stünden. Dem sei nicht so. Es sei wichtig in der öffentlichen Auseinandersetzung mit der AfD deren Parteiprogramm deutlich zu machen, welches nach sehr langer Zeit nun auch verschriftlicht und öffentlich gemacht worden sei. Die Partei stünde für Ablehnung der Geschlechtergerechtigkeit, die mit „Buntheit“ verknüpft sei. Auch wären Menschen mit geringem Einkommen unter den Befürwortern und Wählern, vielen sei jedoch gar nicht klar, dass die Partei beispielsweise den Mindestlohn abschaffen wolle. Die Partei vertrete ein rückwärtsgewandtes Gesellschafts- und Familienbild. Sie betreibe Komplexitätsreduktion um auf Wählerfang zu gehen, statt sich den Herausforderungen der modernen Gesellschaft zu stellen.
Die Diskussionsteilnehmerinnen waren sich darin einig, dass es notwendig sei, Druck auf die Ausrichter öffentlicher Veranstaltungen auszuüben und Öffentlichkeit zu schaffen, wenn beispielsweise Podien einseitig mit Männern besetzt werden würden, da die Auswahlkriterien für die Besetzung der Podien oft rein nach Funktion festgelegt werden würden. Positiv zu erwähnen sei, dass wenn der Gesellschaft etwas auffällt, dann ändert sich auch etwas. Vor 20 Jahren gab es an den Unis im Allgemeinen keine Universitätsprofessorinnen und dies sei den Studierenden nicht negativ aufgefallen. Heute ist das Bewusstsein dafür in der Gesellschaft geschärft.
Moderation: Dr. Ines Kappert, Leiterin des Gunda-Werner-Instituts, Berlin   Die Energiewende in Deutschland aus der Geschlechterperspektive  Ulrike Röhr, genanet – Gender, Umwelt, Nachhaltigkeit, Berlin

In ihrem Referat zum Thema Energiewende in Deutschland aus der Geschlechterperspektive wies Frau Ulrike Röhr von geganet, Berlin, darauf hin, dass es sich bei der Energiewende in Deutschland um das größte Projekt seit der Industrialisierung handelt und, dass es sich um eine Generationenaufgabe handele, die Umstellung nicht nur technisch zu vollziehen, sondern eine grundlegende Veränderung des Energiekonsums d.h. Bewusstseins- und Verhaltensänderungen zu erreichen. In diesem Zusammenhang nannte sie den Begriff des „prosumer“ – zusammengesetzt aus dem Englischen producer (Produzent) und consumer (Konsument), als Zukunftsmodell. D.h. der Verbraucher, der gleichzeitig die von ihm erzeugte Energie konsumiert, beispielsweise durch das Solarpanel auf dem Hausdach.

Es ging in ihrem Referat um die Auswirkungen auf den Zugang von Frauen zu Energie und um die Frage, wie können Frauen bei der Planung und Entwicklung von Maßnahmen im Zusammenhang mit der Energiewende mitgestalten. Frauen bewerten die Ziele der Energiewende im Allgemeinen positiver, obwohl sie generell weniger Geld zur Verfügung haben und von Energiearmut betroffen sind (Beispiel Strom wird abgestellt, weil alleinerziehende Frauen die Stromrechnung nicht mehr bezahlen können). Frau Röhr stellte fest, dass in der heutigen Gesellschaft Technik höher bewertet wird als Verhaltensänderungen, obwohl eine Änderung des Konsumentenverhaltens enorm hohes Potential auf die positive Auswirkungen bei der Einsparung von Energie hat. Dieser Logik zufolge werden Elektroautos subventioniert und somit Wirtschaftsförderung betrieben statt in die Entwicklung alternativer Mobilitätsprogramme investiert, denn dies garantiert eine schnelle Verwertbarkeit der Ergebnisse in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Frau Röhr erwähnte des Weiteren, dass die Versorgungsarbeit besonders im ländlichen Raum noch immer überwiegend von Frauen geleistet wird und die Erwerbsarbeit, die gesellschaftlich weiterhin einen höheren Status hat, von Männern. Es sei daher besonders wichtig, dass Frauen beispielsweise bei Raumplanungsprojekten und Mobilität mit öffentlichem Nahverkehr mehr mitgestalten und mitbestimmen.
Sie wies auf die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung hin und die Möglichkeit, sie auch als einfacher Bürger im Internet kommentieren zu können und forderte auf, dies auch zu nutzen

Masterplan Energiewende und Klimaschutz der Stadt Bonn

Frau Nicole Funk von der im Amt für Umwelt, Verbraucherschutz eingerichteten Leitstelle Klimaschutz der Stadt Bonn hielt ein Impulsreferat zum Masterplan Energiewende und Klimaschutz der Stadt Bonn und erwähnte die erzielten Erfolge im Vergleich zum Referenzjahr 1990 für die Klimabilanz. Das Ziel sei es, die CO2-Emissionen der Stadt Bonn bis 2020 um 40% zu senken. In 2012 lag die Klimabilanz bei 14% Reduktion (Stand 2020). Das ehrgeizige Ziel sei es, bis zum Jahr 2050, 90 bis 95 Prozent weniger CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 zu erreichen. Sie erwähnte die zahlreichen Preise, die die Stadt Bonn für sein Engagement in diesem Zusammenhang erhielt. Das Publikum hinterfragte kritisch, wie die Tatsache, dass Bonn sein ehrgeiziges 2020-Klimabilanz-Ziel voraussichtlich nicht erreichen werde, damit vereinbar wäre, dass die Stadt andererseits mit Umweltpreisen prämiert werde. Frau Funk erläuterte, dass es sich dabei um Würdigung der vielen, auf diesem Weg bereits erreichten Ziele, handeln würde.
Moderation: Dr. Pia Spangenberger, Wissenschaftsladen Bonn e.V.

Migrantinnen in der Arbeitswelt (4)

Migrantinnen berichten über ihre Wege in die Erwerbstätigkeit und die strukturellen Hindernisse bei der Arbeitssuche. Clariett Genneper (Ghana), Carolyn Wagner (Philippinen), Nabila Karimi-Alekozai (Afghanistan), Tuba Saberi (Iran), Fatima Aneflous (Marokko). Die Teilnehmerinnen sprachen verschiedene persönliche und strukturelle Faktoren an, die sie erschwerend für den Einstieg in die Erwerbstätigkeit sehen oder auch erlebt haben:

Persönliche Gründe:
• Dequalifizierung aufgrund fehlender Berufsanerkennung oder Berufserfahrung, mangeldes Systemwissen, Diskrepanz in der Wahrnehmung eigener Fähigkeiten oder Anforderung des Arbeitsmarktes
• Fehlende Sprachkenntnisse, mangeldes Selbstbewußtsein, individuelle Diskriminierungserfahrung
• Probleme bei der Vereinbarung von Familie und Beruf, traditionelle Rollenbilder
Strukturelle und gesellschaftliche Gründe:
• Zu wenig Sprachkursangebote, komplizierter Zugang zu den Sprachkursen (insb. Flüchtlinge), wenig Qualifizierungsangebote
• Fehlende Beratungsangebote, Anerkennungspraxis sehr kompliziert
• Fehlende Vernetzung relevanter Organisationen, mangelnde Sensibilisierung von arbeitsmarktrelevanten Akteuren
• Bedenken und Vorurteile potenzieller Arbeitgeber (Wirtschaft und Unternehmen betrachten Frauen mit Migrationshintergrund nach wie vor zu wenig als potenzielle Fachkräfte)
Migrantinnen haben trotz hoher Qualifikation oft nur Chancen im Niedriglohnsektor. Sie nehmen eher eine Dequalifizierung in Kauf und üben Tätigkeiten aus, für die sie oft überqualifiziert sind, nur um überhaupt Arbeit zu finden.  Damit gehen für den Arbeitsmarkt Kompetenzen verloren.  Nicht nur die Qualifikationen aufgrund der vorhandenen Ausbildungen, die im Heimatland erworben wurden, sondern auch die (Mutter-)Sprachkenntnisse bilden Ressourcen, die genutzt werden könnten, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken.

Aus dem Workshop ergaben sich drei wesentliche Forderungen:

  • Verbesserung der Sprachförderung:  Zugang zu Sprachkursen für MigrantInnen und Flüchtlinge mit dem Tag der Einreise; kostenlose, wohnortnahe Angebote
  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf:  Deutschkurse mit Kinderbetreuung und familienfreundliche Arbeitsbedingungen in Betrieben
  • Vernetzung von relevanten Akteuren in der Migrations- und Flüchtlingsarbeit

Workshopleiterin war Angelika Klotz-Groeneveld, Diplom Pädagogin, Schwerpunkt Berufsorientierung für Migrantinnen

Moderation: Tatjana Pugatscheva, internationales frauenzentrum bonn e.V. Eleanor Koch, BFF Baháï-Frauen Forum e.V., Regionalgruppe Bonn

20 Jahre Kampf gegen Frauenhandel

  • Jana Koch-Krawczak, Buchautorin und selbst Betroffene von Menschenhandel
  • Sabine Kopal, Sozialarbeiterin La Strada, Stuttgart
  • Lena Teschlade, Solwodi 

Moderation: Eva Dietz, Expertin für Schutz von Frauen gegen Gewalt

These: Frauenhandel findet meistens in Verbindung mit Zwangsprostitution statt. Ursache ist oft Armut und Ungleichheit in Gesellschaften, Frauen, die sowiso in schwacher gesellschaftlicher Lage sind, werden oft Opfer sexueller Ausbeutung.

Am Anfang der Podiumsdiskussion hat Frau Dietz, die Moderatorin, die Problematik in Bezug auf den Frauenhandel kurz zusammengefasst.

Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter und Formen, genau bezeichnet und nachzulesen auch in der UN Resolution 48/104, Artikel 2, die erstmals alle Gewaltformen spezifisch aufführt.

Eine der perfidesten aller Formen von Gewalt an und gegen Frauen, nach Kriegs- und Foltergewalt – ist mit Sicherheit der Frauenhandel. Dieser geht verknüpft einher mit Menschenhandel, der im Falle der Frauen zu 95% in die Zwangsprostitution mündet. Viele Männer dagegen, die Betroffene des Menschenhandels sind, werden eher in Verhältnisse von Zwangsarbeit und Formen der modernen Sklaverei geschleust.

Die betroffenen Frauen kommen zumeist aus dem Ausland, früher war damit der sog. „Globale Süden“, gemeint, heute geht es dagegen um die v.a. östlichen EU-Mitgliedsländer.

Zumeist kommen diese Frauen bereits aus prekären Verhältnissen, und erleiden bereits durch Armut, Ausgrenzung und sozioökonomische Ungleichheit im Heimatland strukturelle Gewalt und darüber hinaus oft auch ethnische Diskriminierung. Durch Menschenhandel geraten sie in eine weitere, verschärfte Form der Ausbeutung, Abhängigkeit und Gewalt an Leib und Leben, ein Teufelskreis, der schwer für sie zu durchbrechen ist.

Nach dem „Scelles-Report“ (Foundation Scelles, Paris/Frankreich 2016), der auf 28 Länderstudien zur sexuelle Ausbeutung verweist, wollen 85-95% der Betroffenen aus der Prostitution aussteigen; 68% leiden unter posttraumatischem Stress. Die Folgen der Zwangsprostitution werden als irreparabel beschrieben, mit Auswirkungen der Folter verglichen. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Zwangsprostituierten liegt – ohne vorherigen Ausstieg – nach dem Bericht bei 33 Jahre.

Frauenhandel und Zwangsprostitution finden auch hier in Deutschland statt, mitten in unserer Gesellschaft, in unserer Stadt, Tag und Nacht.

Es handelt sich sowohl um ein in der Gesellschaft äußerst tabuisiertes Thema, mehr noch als das der häuslichen Gewalt, und gleichzeitig um ein Milliardengeschäft für die Organisatoren und Profiteure, die sicher nicht die Frauen sind. Die Not der einen ist das Geschäft der Anderen.

Frauenhandel und Zwangsprostitution spielen sich in einem Graubereich ab, zwischen Legalität, Illegalität und Kriminalität, der schwer zu fassen ist. Das erschwert die tägliche Arbeit der Sozialarbeiterinnen, ihrer Organisationen und der betroffenen Frauen, diese Form der Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen und zu sie zu überwinden.

Gesetze wurde auf dem Weg gebracht, Reformen sind vor kurzem dazu erfolgt und dennoch, ist das Problem nach allem Ermessen nur schwer in den Griff zu bekommen.

  1. Dietz:  Gewalt gegen Frauen und Frauenhandel, was hat sich verändert, was ist noch zu tun?
  2. Teschlade, Solwodi: Die Ziele der Pekinger Welt-Frauenkonferenz waren:

– die Rechte von Frauen sollten geschützt werden, – Gewalt gegen Frauen wurde als Menschenrechtsverletzung bezeichnet.

Seit den 80er Jahren wurde in Deutschland Frauenhandel thematisiert und bekämpft. In den 90er Jahren gab es in Osteuropa wegen des Zusammenbruchs des Ostblocks und den negativen Folgen für die Volkswirtschaften einen starken Anstieg der Armutsprostitution.
– 2002:  Prostitution wurde in Deutschland legalisiert
– 2007:  EU-Osterweiterung, Grenzöffnung nach Osten, mehr Armutsprostitution aus Osteuropa

Zwangsprostitution hat als Ursache Armut, die Grenzen zwischen Prostitution und Zwangsprostitution sind fließend.

Die Haltung der Gesellschaft zur Prostitution hat sich geändert, sie wird in weiten Teilen akzeptiert. Dagegen haben einige Nachbarländer gesetzlich einen anderen Weg eingeschlagen: nach dem „Nordischen Modell“ (Norwegen, Schweden, Frankreich) ist Prostitution verboten und die Freier machen sich strafbar.

Solwodi tritt für die Abschaffung der Prostitution ein und unterstützt Frauen in den Herkunftsländern vor Armutsprostitution z.B. in Kenia mit einkommensschaffenden Projekten.

Die Prostitutions-Steuer, die der Staat erhebt, könnte für Ausstiegsprojekte genutzt werden.

  1. Dietz: Seit der Pekinger Welt-Frauen-Konferenz hat sich die die Situation beim Frauen-/Menschenhandel nicht gebessert, sondern verschärft. Was ist noch zu tun?

Jana Koch-Krawczak, sie arbeitet als Streetworkerin und klärt über Themen wie Prostitution oder Loverboys auf und berät Prostituierte. Sie wurde selbst von einem Loverboy in die Prostitution geschickt. Sie sagt, Straßen-Prostituierte verdienen  pro Freier zwischen 5 und 35 Euro, sie müssen aber pro Tag 25 Euro Steuern bezahlen. Die Prostituierten sprechen kein Deutsch, leiden unter Krankheiten, sind zum Teil minderjährig.

Es gibt heute weniger staatliche Gelder für  Beratungsstellen, weil Prostitution legal ist, und nicht mehr als Problem angesehen wird.

Die neuen Prostitutionsgesetze zum Schutz der Prostituierten sind richtig (z.B. Kondom-Pflicht), da die Frauen meistens ungebildet sind und keine Sexualaufklärung hatten.

Sabine Kopal arbeitet in einer Beratungsstelle in einem Stuttgarter Rotlichtviertel. Sie sagt, in Stuttgart arbeiten ca. 2000 Frauen als Prostituierte, sie kommen zu 93% aus Osteuropa (Rumänien, Bulgarien und Ungarn).

In Stuttgart wird eine Statistik über Prostituierte geführt. Das ist eine Ausnahmen in deutschen Städten.

Laut Frau Kopal haben die Frauen keine Krankenversicherung und gehen aus Kostengründen selten zum Arzt. In der Beratungsstelle La Strada arbeitet eine Gynäkologin und berät die Frauen. Die Mädchen auf dem Strich sind gegenüber früheren Jahren jünger, d.h. zwischen 18 und 23 Jahren. Sie sprechen kein Deutsch und kein Englisch und die Kommunikation ist nur mit einer Übersetzerin möglich.

Die „typische Prostituierte“ ist eine jugendliche Rumänin, die von der Familie in die Prostitution geschickt wird. In den Herkunftsländern der Prostituierten in Osteuropa sind die Gesellschaftsstrukturen anders, d.h. das Sozialsystem ist die Familie. Daher ist die Abhängigkeit von der Familie, bzw. von Vater oder Mann/Freund sehr hoch.

Die Frauen können sich meistens nicht vorstellen, dass sich unabhängig von ihrer Familie oder ihrem Mann ein Leben aufbauen können.

Viele Frauen haben wegen der starken psychischen Belastung Suchtprobleme mit Drogen und Alkohol. Im Alter von Anfang 30 sind die Frauen meistens zu kaputt, um sich weiter zu prostituieren. Sie sind dann verängstigt, krank und arbeitsunfähig. Ihre Lebenserwartung ist erschreckend niedrig.

Eine Heraufsetzung des Mindestalter für Prostituierte auf 21 Jahre wäre wichtig, weil die Mädchen im Alter von 18-21 Jahren einen Schulabschluss machen oder eine Arbeit erlernen könnten.

Lena Teschlade: Viele Frauen sind Roma und leben in Osteuropa in Armut, deshalb wäre die Bekämpfung der Armut auch eine Bekämpfung der Prostitution und des Frauenhandels.

Menschenverachtende Sexualpraktiken, wie Flatrate-Sex oder Gang-Bang-Partys müssen die jungen Frauen über sich ergehen lassen (seit Juli 2016 sind diese Praktiken verboten, Anmerkung der Berichterstatterin).

Sabine Kopal: Der Verein Sisters e.V. hilft Frauen, aus der Prostitution auszusteigen. Frau Kopal klärt in Vorträgen Polizisten über die Probleme der Prostituierten auf. Die Polizisten haben wenig Kenntnisse zu diesem Thema.

Die Diskussion ergab, dass bei vielen der Teilnehmenden, das Ausmaß der Problematik der Armutsprostitution nicht bekannt war. Es bestand Übereinstimmung, dass mit der Legalisierung der Prostitution in Deutschland das Problem damit nicht gelöst wurde.

Am Ende der Diskussion wurden folgende Handlungsempfehlungen erarbeitet:

  • Weitere Sensibilisierung ist nötig. Statistiken müssen geführt werden, um das Ausmaß der Problematik nachzuvollziehen.
  • Armutsbekämfpungsstrategien in den Herkunftsländern sind unabdingbar um Menschenhandel und Prostitution zu bekämpfen.
  • Eine gute Zusammenarbeit mit der Polizei wie in Stuttgart ist in allen Städten nötig. Die Polizei muss auch fortgebildet werden.
  • Ausstiegsprogramme müssen weiterhin finanziell unterstützt werden.
  • Männer müssen in die  Arbeit gegen Ausbeutung von Frauen und Mädchen einbezogen werden.

Gewalt gegen Frauen – Was wurde in den letzten 20 Jahren erreicht?

  • Conny Schulte, Soziologin, M.A., Geschäftsführerin Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt, Bonn
  • Ulrike Große-Kreul, Frauenhausmitarbeiterin, Frauenhaus Bonn – Frauen helfen Frauen e.V.
  • Michiko Park, Frauenhausmitarbeiterin, Frauen helfen Frauen Troisdorf e.V.
  • Wolfgang Hartung, Mediator, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht 

Moderation: Eva Dietz, Expertin für Schutz von Frauen gegen Gewalt

Zum Einstieg in das Thema häusliche Gewalt wurde der Videospot „Treppe“ von bff (Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V) gezeigt.

1000 Frauen fallen jeden Tag angeblich die Treppe hinab, – eine der häufigsten Ausreden, um Verletzung, die durch häusliche Gewalt entstanden sind, zu kaschieren, erklären oder zu verstecken.

Frau Dietz, die Moderatorin, fasste anschließend die Problematik zusammen und bat die Referent*innen zu folgenden Fragen, Stellung zu nehmen:

  • Der Blick zurück:  wie war die Entwicklung nach 1995 – in den letzten 20 Jahren? Welche guten Beispiele kann man festhalten, was hat sich getan?
  • Der Blick in die Gegenwart:  Wie wird das Thema aktuell wahrgenommen in der Gesellschaft?  Wie ist die Lage der Betroffenen?  Welches sind neue Entwicklungen und die drängendsten Probleme?
  • Blick nach vorne / Zukunft:  Wo liegen die wichtigsten Aufgaben und Herausforderungen?  Welche sind die Empfehlungen für die nächsten Schritte?

Häusliche Gewalt gegen Frauen passiert in Deutschland täglich, tausendfach und ist nach wie vor ein großes Tabu in unserer Gesellschaft. Jede 3. Frau ist weltweit von häuslicher Gewalt betroffen. Häusliche Gewalt schließt  auch die physische, psychische und emotionale Gewalt ein; vielfach wird auch die ökonomische Abhängigkeit dazu gerechnet, da sie die Grundlage zu Erpressung und Straflosigkeit der Täter ist. Demütigungen, Schläge, Erniedrigung, Androhung von Gewalt und Vergewaltigung gehören zu den häufigsten Formen der häuslichen Gewalt.

Ein Viertel der in Deutschland lebenden Frauen hat bereits  körperliche oder sexualisierte Gewalt  (oder beides) durch (Ex-)Partner erlebt.

Alle Referent*innen waren sich einig, dass die Scham der Opfer  zu ihrem Schweigen führt und dies zur Tatsache, dass nur ein geringer Teil an Gewalttaten angezeigt wird und ein noch geringerer davon eine Strafverfolgung erfährt. Gewalt gegen Frauen bleibt im überwiegenden Maß straffrei, auch hier in Deutschland.

Geschlechtsspezifische Gewalt verhindert, dass Frauen ihre Menschenrechte, Frauenrechte und/oder Bürgerrechte wahrnehmen können; verhindert ihre freie Entfaltung, Entwicklung und Teilhabe in der Gesellschaft.

Gewalt gegen Frauen verletzt die körperliche, psychische, seelische und emotionale Unversehrtheit von Frauen. Sie schädigt nicht nur die Frauen selbst, sondern auch Kinder, Familien, folgende Generationen und ganze Gesellschaften.

Gewalt gegen Frauen ist schicht- und kulturübergreifend und bis heute – 20 Jahre nach Peking – ein drängendes weltweites Problem, dem alltäglich Millionen von Frauen ausgesetzt sind.

Kontrovers wurde die Arbeit seit der Konferenz in Peking 1995 diskutiert.

Auch wenn  es viele Fortschritte auf der legislativen Ebene gab (seit 1997 wird in Deutschland die Vergewaltigung in der Ehe sanktioniert und seit 2012 ist das Gewaltschutzgesetz in Kraft getreten) und viele Länder  Gewaltschutzgesetze zum Schutz von Frauen und Mädchen erlassen haben, bleibt die Gewalt gegen Frauen die häufigste Menschenrechtsverletzung weltweit. Oft fehlt es auch an der Umsetzung der verabschiedeten Gesetze.

Medial hat das Thema Aufmerksamkeit in Deutschland durch die Vorfälle der Silvesternacht in Köln erfahren, wobei eine Instrumentalisierung des Themas in der Diskussion um Migration nicht ausblieb. Und auch aufgrund der Tatsache, dass derzeit das deutsche Sexualstrafrecht diskutiert und reformiert wird, eine der Voraussetzungen, dass die Konvention von Istanbul (das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt)  in Kraft gesetzt werden kann, ist das Thema mehr in den Vordergrund gerückt.

Am Ende der verschiedenen Beiträgen und der Diskussion wurden folgende Handlungsempfehlungen erarbeitet:

  • Auch 20 Jahre nach Peking gibt es offensichtlich noch sehr viel zu tun, da weltweit Gewalt gegen Frauen eine alltägliche Realität ist.
  • Es muss weiterhin die Botschaft verbreitet werden, dass es in Deutschland ein Recht auf Schutz gibt. Auch wenn die Gewalt im privaten Raum stattfindet, wird es  sanktioniert. Diese Botschaft muss an die Täter  weiter verbreitet werden und kann zu einer Reduzierung dieser Gewalt beitragen.
  • Fortbildungspflicht bzw. Spezialisierung für Richter, damit bestehende Gesetze umgesetzt werden.
  • Frauen brauchen professionelle Hilfe durch ein bedarfsgerechtes Angebot an Beratungsstellen und Frauennotrufen. Der Zugang zu den Frauenhäusern muss niederschwellig und unabhängig vom Aufenthaltsstatus sein.
  • Die Frauenhäuser müssen  finanziell gesichert werden. Die Frauen brauchen danach bezahlbare Wohnungen.
  • Die Problematik muss weiterhin enttabuisiert und es muss mehr politischer Druck ausgeübt werden.  Die betroffenen Frauen brauchen mehr Solidarität und  Sensibilisierung, damit sich mehr Frauen trauen, Anzeige zu erstatten. Auch Männer müssen in diesem Prozeß eingebunden werden
  • Auch auf internationaler Ebene muss mehr politischer Druck auf Deutschland ausgeübt werden, damit die Istanbul-Konvention von 2011 endlich ratifiziert wird.
  • Die Arbeit gegen Gewalt an Frauen muss auch zukünftig die neuen Formen von Gewalt im Netz berücksichtigen.

„Weltreligionen – Weltfrieden- Weltethos“

Die Ausstellung, die von der Stiftung Weltethos konzipiert und realisiert wurde, lädt dazu ein, Fremdes und Unbekanntes, Schönes und Faszinierendes der Religionen kennen zu lernen und hilft mit, Respekt und Toleranz gegenüber anderen Kulturen und Menschen zu entfalten.

  Verica Dominic-Bernards vom Caritasverband für die Stadt Bonn e.V. führte das Publikum durch die Austellung der zahlreichen Weltreligionen vom Buddhismus, Hinduismus, Chinesische Religionen bis hin zum Judentum, Christentum, Islam Sikhismus und Bahaitum.

  Schwerpunkt der Ausstellung ist die „Weltethos-Idee“: die Frage nach gemeinsamen ethischen Werten, Normen und Maßstäben der Religionen und philosophischen Traditionen sowie ihrer Bedeutung für die heutige Zeit – zum ersten Mal 1990 von Hans Küng im   
  Buch „Projekt Weltethos“ vorgelegt, 1993 in der „Erklärung zum Weltethos“ des Parlaments der Weltreligionen konkretisiert und seither in zahlreichen Publikationen entfaltet.

  Die Ausstellung zeigt, dass die Weltreligionen und philosophischen Traditionen trotz ihrer Verschiedenheit gemeinsame Werte und ethische Maßstäbe teilen. Dies ist die Grundlage für den Dialog und ohne Dialog kein Frieden möglich ist.  

  Die Religionen werden mit Bildern, Sachinformationen und religiösen und ethischen Texten aus den Religionen sowie je einem Schlüsseltext von Hans Küng über das Wesen der jeweiligen Religion dargestellt. Neben dem Prinzip „Jeder Mensch soll menschlich behandelt
  werden“ wurden die vier ethischen Weisungen „Gewaltlosigkeit“, „Gerechtigkeit“, Wahrhaftigkeit“ und „Partnerschaftlichkeit“ illustriert, d.h. 

  – Hab‘ Ehrfurcht vor dem Leben!
  – Handle gerecht und fair!
 –  Rede und handle wahrhaftig!
 –  Achtet und liebet einander!

Beispieltafeln

Die Ausstellung kann gegen eine Leihgebühr ausgeliehen werden. Weitere Informationen unter www.weltethos.org.

Was ist für dich Friedenskultur?

Frauen und ein Mann stellten sich der Frage: „Was ist für Dich Friedenskultur?“. Die Workshopleiterin, gab zunächst einen kurzen historischen Rückblick auf die Entstehung des Begriffes Friedenskultur. Dieser tauchte für sie wahrnehmbar am Friedenszelt auf der Weltfrauenkonferenz (Peking 1995): „Change the Culture of War to a Culture of Peace“ (Verändert den Kriegskult in eine Kultur des Friedens) und als UNESCO Dekade 2000 bis 2010 zur Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit für die Kinder dieser Welt auf. Zwei Teilnehmerinnen hatten davon Kenntnis. Sowohl der Begriff als auch die inhaltlichen Elemente sind leider stark in Vergessenheit geraten bzw. nie in die breite Öffentlichkeit gelangt. Eine Teilnehmerin berichtete, dass sie im Zusammenhang mit der Dekade im Büro der Vertretung der UNESCO in Bonn eine Nachfrage diesbezüglich stellte. Die Antwort dort sei gewesen: „Der Begriff Friedenskultur ist nicht vermittelbar.“

In der nächsten Phase tauschten sich die Teilnehmenden über ihre zuvor notierten Definitionen und Ideen aus, zunächst paarweise, später in der Gruppe. Dabei wurde genannt: der Frieden zwischen den Völkern, den Geschlechtern, den Generationen, mit der Natur und auch nicht zuletzt Frieden mit sich selbst. In jedem Fall gilt: Frieden gibt es nicht ohne Anstrengung, er muss „kultiviert“, das heißt gepflegt und die Ideen müssen verbreitet werden. Die Ideensammlung (an der Pinnwand gesammelt) ergab eine große Vielzahl an friedensorientierten Verhaltensmustern: Konflikte thematisieren und gewaltfrei lösen, Respekt vor der Person und der Meinung des Anderen, nett zu einander sein; Friedensbildung besonders bei Kindern, Harmonie: gemeinsam feiern, essen, tanzen und singen, Beziehungskultur- und pflege, respektvolle Kommunikation lernen. Sich für Frieden einsetzen heißt „ackern und bebauen“.

Im sozialen Umfeld sollte es keine Gewalttoleranz geben, besonders nicht bei Gewalt gegen Frauen. Innerhalb der Familie sollte eine friedliche Kommunikation vermittelt werden. Beim direkten Kontakt zu Mitmenschen wurden Einsicht und Perspektivwechsel, Nächstenliebe und Vergebung genannt.

Unter der Rubrik: „Was kann ich nicht alleine tun?“ wurden einige Ideen im Bereich des Bildungswesens gesammelt: Wie kann das Thema Friedenskultur Schülern anhand von Lehr- und Lernmaterial vermittelt werden? Werden geschichtliche Inhalte (z.B. Kriegsverbrechen/Weltkriege) kritisch beleuchtet oder aber propagiert? Bereits existierendes Lehrmaterial zum Thema Friedenskultur sollte auf länderebene in die Curricula aufgenommen werden. Außerdem sollte die Art der Vermittlung stets ausbalanciert sein und Raum für Kritik aber auch für Informationen zu Friedensinitiativen bieten. Ein gutes Beispiel für Friedenskultur in der Schule sind die Streitschlichtungsprogramme (Peer Mediation, in denen die Schüler_innen lernen untereinander Streit zu schlichten).  Das Frauennetzwerk für Frieden organisiert jedes Jahr einen regionalen Streitschlichtungstreff für die Jugendlichen und die Lehrkräfte zum Erfahrungsaustausch und zur Weiterbildung.

Als Friedenspolitik wurde Europa als Friedensprojekt genannt, die Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich (Freundschaftsvertrag und viele zivile Projekte), als Vorbild auch Nelson Mandela und die Wahrheitskommissionen in Südafrika. Gute Beispiele sind auch die gemischten Schulbuchkommissionen, die es zur Aufarbeitung des Kriegsgeschehens in Europa des 20. Jahrhunderts gab (z.B. die deutsch-französische, deutsch-polnische und deutsch-tschechische Schulbuchkommission) deren Ergebnisse aber leider im Unterricht wenig bis gar nicht eingesetzt wurden bzw. werden.

Die Teilnehmenden sahen die Praxis der Finanzströme als hinderlich für die Förderung der Friedenskultur an, außerdem gelte leider: „In Europa werden die Grenzen dicht gemacht, nach allem was wir (friedenspolitisch) erreicht haben.“ Trotzdem sollte die praktizierte Willkommenskultur in Deutschland nicht übersehen werden. In jedem Fall sollte für den Aufbau einer Friedenskultur gegen nationale Tendenzen angegangen und Feinbilder abgebaut werden. Es wurde allerdings auch die Frage gestellt: „Wo ist die Friedensbewegung?“

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass nach Meinung der Teilnehmenden kein Ranking, keine Gewichtung unter den gesammelten Friedensansätzen und –ideen, -mustern und –verhaltensweisen gemacht werden kann bzw. sollte. Es wurde noch einmal betont, dass Friedenskultur als Wert, Haltung und auch als Ziel zu verstehen sei, und dass diese u.a. durch friedliche Konfliktlösung in der Erziehung und durch Aufklärung vermittelt und verbreitet werden sollte.

Die vorgegebene Zeit von einer Stunde reichte leider nicht für einen intensiveren Austausch. Es blieb noch viel Potenzial ungenutzt. Da das Interesse bei weitem nicht ausgeschöpft war, machte die Workshopleiterin den Vorschlag, das Thema in einer weiteren Veranstaltung wieder aufzugreifen oder sogar eine Veranstaltungsreihe als „FrauenFriedenswerkstatt“ im ifz zu planen. Die Teilnehmenden stimmten zu.

Linda Schmittmann

Workshop-Leiterin war Heide Schütz, Frauennetzwerk für Frieden e.V.

Sichere Welt durch Waffen – eine Illusion? (3) 
In der Aktionsplattform von Peking der UN-Weltfrauenkonferenz von 1995 wurden die Regierungen aufgefordert, u. a. auch durch Reduzierung von Militärausgaben und des Waffenhandels zusätzliche Mittel für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere für die Förderung der Frau, bereitzustellen. Wie sieht es heute aus, welche Auswirkungen haben Waffenhandel und Waffengebrauch auf unser Leben und was können wir dagegen tun.

  • Dr. Susanne Hertrampf, Internationale Liga für Frieden und Freiheit, IFFF/WILPF

Arbeitsbedingungen in der globalen Textil- und Modeindustrie

  • Marie-Luise Lämmle, FEMNET, e.V.

Die Präsentation finden Sie hier

Schlusswort

  • Bettina Metz-Rolshausen, UN-Women, Nationales Komitee Deutschland

(1) Gefördert durch UN-Women Nationales Komitee Deutschland
(2) Gefördert durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW
(3) Gefördert durch Brot für die Welt Sichere Waffen
(4) Gefördert durch Integrationsrat Bonn
(5) Gefördert durch die Bürgertiftung Bonn
(6) Gefördert durch Bündnis90/Die Grünen Grüner Zweig Bonn